Es ist eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, die nachweislich gefährdete Biodiversität der Schweiz zu erhalten bzw. aktiv zu fördern. Als grundsätzliche Herausforderungen werden insbesondere die Förderung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen und Siedlungsflächen genannt. Besonders dramatisch sind vor allem die rückläufigen Bestäuberpopulationen sowohl der Honigbiene wie auch der Wildbienen zu nennen. Von den über 600 Wildbienenarten werden 45% auf der Roten Liste geführt. Genau aufgrund ihres wichtigen Beitrages zur Bestäubungsleistung sind spezialisierte und nicht-spezialisierte Wildbienen sowie Honigbienen, wichtige Adressaten zur Förderung der Biodiversität. Neben landwirtschaftlichen Flächen sind in der Schweiz rund 20.000 Hektar Rasenflächen, meist intensiv gedüngt und gemäht und Brachen oder Teilbrachen häufig mit Problemunkräutern in Siedlungsräumen vorhanden.

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Projektziel

Durch eine Aufwertung dieser Flächen sollen auf der einen Seite die Probleme mit Problemunkräutern verringert und auf der anderen Seite durch verbessertes Nahrungsangebot, Nisthilfen und Brutplätzen die Wildbienen gefördert werden. In diesem Bereich wurde bis anhin kaum Forschung betrieben. Zudem eröffnet das Projekt die Möglichkeit, das Bewusstsein für den Wert und die Bedrohung der Biodiversität sowohl der Bevölkerung wie auch der Unternehmen zu stärken und Wege der Erhaltung und Förderung aufzuzeigen.

Das interdisziplinäre Projekt swiss bee ’O’ diversity will somit sowohl einen konzeptionellen wie praktischen Beitrag zu leisten, in dem eine evidenzbasierte Gestaltungslösung für Grün- und Brachflächen im Siedlungsraum systematisch auf ihre nachhaltige Wirksamkeit hin entwickelt und exemplarisch umgesetzt und evaluiert wird. Darüber hinaus soll die Standardisierbarkeit der Gestaltungsprinzipien sowie die Skalierbarkeit des zugrundeliegenden Geschäftsmodells aufgezeigt werden, um durch entsprechende Verbreitung die Wirkung zugunsten der Biodiversität im Siedlungsraum auch über den Projektabschluss zu maximieren.

Vorher
Nachher

Wirksamkeit der Aufwertung

Im Projekt wurden insgesamt sieben Pilotflächen in privatem und öffentlichen Eigentum berücksichtigt. Um die Wirksamkeit der Intervention evaluieren zu können, wurde jede Fläche regelmässig wissenschaftlich durch die Projektpartner Hans Ramseier (BFH, Vegetation) und Claudio Sedivy (WBP, Aculeaten/Stechimmen) aufgenommen. Die Bestimmung der Aculeaten erfolgte durch Andreas Müller (Natur Umwelt Wissen GmbH, Projektbeirat). Zudem wurden weitere Flächen angelegt, die jedoch keiner wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen wurden.

Die Aufwertungsinitiativen bestanden jeweils aus drei Phasen. Bei der Bodenbearbeitung ging es darum auf jeder Fläche eine geeignete Unterlage zu bilden. Als nächstes wurden Strukturelemente wie Steinhaufen, morsches Totholz oder lehmhaltiger Sand auf den Flächen verteilt, welche den Wildbienen als Nistmöglichkeiten dienen. Zuletzt wurde eine sorgfältige Auswahl der wichtigsten Pflanzentaxa zur Bepflanzung der Flächen genutzt.

Zusammenfassung

Fauna

Fauna Ergebnisse

Die Aufnahme der Wildbienenarten jeder Fläche wurde alle zwei Jahre, fünf Mal pro Jahr alle 4 Wochen während 30 Minuten in Form eines variablen Transsektes durchgeführt. Als variabler Transsekt wird eine vorgegebene Fläche verstanden (in unserem Fall die gesamte Fläche des Wildbienenparadieses), welche innerhalb der vorgegebenen Zeit von 30 Minuten beprobt wird, wobei der Beobachter nicht an eine definierte Strecke gebunden ist, sondern aufgrund des vorhandenen Ressourcenangebotes (Blüten, Nistplätze) entscheidet, welches die erfolgversprechendsten Stellen für den Nachweis von möglichst vielen Wildbienenarten sind.

Wildbienen wurden mit dem Kescher gefangen, präpariert und gepinnt, mit Fundetiketten beschriftet und anschliessend bis auf Artniveau bestimmt. Um Bestimmungsfehler möglichst zu vermeiden, wurden sämtliche Tiere von einem zweiten Spezialisten (Dr. Andreas Müller; Natur Umwelt Wissen GmbH) nachkontrolliert. Auf die Aufnahme weiterer Artengruppen sowie die Besiedelung von Niststrukturen wurde aus praktischen Gründen verzichtet. Der Aufwand hätte die zu erwartenden Resultate nicht gerechtfertigt.

Flora

Auf allen Flächen wurden die vorkommenden Pflanzenarten nach einer modifizierten Abundanz-Dominanz-Skala von Braun-Blanquet mindestens einmal pro Jahr aufgenommen. Die Anzahl gefundener Pflanzenarten sagt bereits etwas über die Diversität aus, hingegen nicht viel über den ökologischen Wert der Pflanzen respektive, ob die vorhandenen Pflanzen auch ökologisch wertvoll sind und auf die Zielorganismen Wildbienen ausgerichtet sind. Aus diesem Grund wurde eine ökologische Bewertung des aufgenommenen Pflanzenbestandes vorgenommen.

In einem weiteren Schritt wurden die gefundenen Pflanzenarten mit einem Faktor gemäss Braun-Blanquet gewichtet. Eine Pflanzenart, die zwar für oligolektische Bienen interessant ist, aber nur in sehr geringem Umfang vorkam, hat wenig Gewicht erhalten, eine Pflanzenart, welche einen hohen Deckungsgrad aufwies dementsprechend ein höheres Gewicht.

Flora Ergebnisse

Umsetzungsbarrieren

Die gesammelten Projekterfahrungen wurden verschiedenen ExpertInnen zur kritischen Kommentierung vorgestellt. In der Folge fanden sich das Forum Biodiversität, die Natur Umwelt Wissen GmbH und das Kompetenzzentrum für Public Management zusammen, um das mulitdisziplinäre Symposium „dialog immobilien & biodiversität“ durchzuführen.

Trotz vieler, zum Teil sehr guter Ansätze für die Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum, steht der Realisierung dieses Potentials die hohe Fragmentierung und Diversität der verschiedenen Akteure entlang der Prozesskette „Planung-Umsetzung-Unterhalt“ entgegen. Dem Anspruch einer hohen Perspektivenvielfalt folgend, wurden bereits im Organisationskomitee bewusst Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen Prozessstufe für die Themenfindung und Progammentwicklung eingebunden bzw. für die Teilnahme gewonnen.

Ebenso vielfältig wie das ExpertInnenkomitee zur Organisation waren die mehr als 60 Teilnehmenden, die sich am 6. April 2018 an der Universität Bern für einen ganztägigen Dialog trafen, der sowohl in Plena, aber vor allem in acht verschiedenen moderierten Workshops stattfand (Programm). Das Symposium bot den Teilnehmenden eine dialogische Plattform, um die Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von Biodiversität auf den oben genannten Flächentypen zu diskutieren und für die jeweils spezifischen Perspektiven und Anliegen zu sensibilisieren.